Luisa und Hilmar laufen in Karlsruhe beim Atruvia Marathon 2022

Luisa verbessert sich um 5 Minuten und Hilmar schafft das Unmögliche!

Hilmar ist nicht nur läuferisch stark, sondern auch literarisch. Hier sein Bericht zum Marathon am 18.09. in Karlsruhe. Sein Beitrag ist ein Wettkampfbericht, Trainingslehre, ein bißchen Ehe-Seminar und Philosophie in einem.

Er schreibt:

Ich wollte also meinen zweiten Marathon laufen. Nach dem Debut 2016 in Frankfurt (4:12) hatte ich bereits zweimal (2017 und 2018) eine Vorbereitung abgebrochen. Einmal wegen einer Bronchitis und einmal wegen Shinsplints. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt das Gefühl das Thema ist erstmal durch für mich, die Motivation nochmal eine Vorbereitung zu machen im Keller und irgendwie dass mein Körper das sowieso nicht packt. Dann kam ich nach und nach dazu mit dem Triathlon anzufangen, was denke ich in jedem Fall eine super Bereicherung war, da Laufen sich schon recht monoton angefühlt hat. Nach und nach sind da die Ziele grösser geworden. Als nächstes großes Ziel möchte ich eine Langdistanz 2023 in Hamburg absolvieren, deshalb war auf einmal ein Marathon „nur“ ein Zwischenschritt zum nächst größeren Ziel. Das hieß für mich: da muss ein Haken dran, bevor es mit einer Vorbelastung von 3,8km Schwimmen und 180km Radfahren nochmal gemacht werden muss. 😉

Also in die Vorbereitung:

Ich hatte im Frühjahr meine erste offizielle Halbdistanz 70.3. Kraichgau absolviert, nachdem ich 2020 bereits inoffiziell, d.h. selbst organisiert, die Strecke gemacht hatte. Vor dem 70.3. gab es mal ein Coronainfektionsloch von 2,5 Wochen mit sanften 1-2 Wochen Wiedereinstieg, aber seit Dezember/Januar war ich kontinuierlich mit 6-10 Stunden Triathlon Training dran. 9 Wochen vor Marathon habe ich dann angefangen einen wöchentlichen langen Lauf zu machen, angefangen mit 17, 21 und 25 km in etwa. Bis zum Summertime Karlsdorf-Neuthard auch mit Rad und Schwimmen kombiniert, danach fast nur noch Laufen. Nach 2x 30km hätte der letzte lange Lauf 2 Wochen vorher eigentlich 32km lang sein sollen, aber ich habe im Urlaub mit 26km und 700 Höhenmetern einen gefühlt ganz schönen Klopper gemacht.

Das realistische Hauptziel: unter 4 Stunden bleiben. Die erste Hälfte mit einem Schnitt 5:35 min/km anlaufen (weil meine Uhr gerne mehr Strecke anzeigt) und schauen, wie sich die nächsten Phasen anfühlen, ggf. Tempo leicht zugeben, beibehalten oder auf 5:45 drosseln. In meiner Vorstellung war es so: das erste Viertel ist super easy, dann bis zum Halbmarathon wird es schon gefühlt anstrengender aber immer noch machbar, dann die nächsten 11 km den eigentlichen Marathonlauf mental beginnen und den Rest dann durchkämpfen und durchstehen. Energiegel habe ich nach dem Start für alle 20 Minuten eingeplant mit einem Abschluss Cola/Koffeingel kam ich dann auf reichliche 6 Gels.

Überraschend für mich war, dass ich ohne große Wehwehchen durch die 9 Wochen gekommen bin. In der Vorwettkampfwoche habe ich Donnerstags einen 17km Lauf mit 3x4km eigentlich Racepace gemacht, bei dem die Intervalle aber bei 5:20 gelegen sind, hatte sich da so erstmal gut angefühlt, nur nach dem letzten Intervall ging es mir zum ersten Mal etwas elend (hatte keine Verpflegung genommen), was bei den langen Läufen, immer sehr langsam gelaufen, vorher (immer mit Verpflegung) nie der Fall war. Ab da war dann auch die Motivation für Laufen im Keller. Sonntags nochmal 20km und in der Vorwoche 2 Alibiläufe, der Spaß von vorher war aber weg.

Der Wettkampf:

Die Knie haben mir die Tage vorher schon geschlottert, da ich echt kein Gefühl hatte, ob das passen wird mit dem Vorhaben, oder ob das einfach nicht reicht. Am Abend vorher noch eine 50er Party leider um 12h beendet um ein paar Stunden Schlaf zu haben, 6:30h wegen etwas Frühstück und Hund Gassi gehen vorher. Wegen dem kühleren Wetter schwankte ich zwischen einem dünnen langen Kompressionsunterhemd oder Armlingen. Letzteres war dann auch perfekt, da ich sie dann spät ausziehen konnte und anfangs bei dem nicht so hohen Marathontempo und fieseren kalten Windböen geschätzt habe.

Nach dem Start lief es einfach himmlisch. Die ersten 5 km war einfach nur Leichtigkeit und keine Anstrengung da, vom ersten Kilometer in 5:20 musste ich mich dann runterbremsen auf 5:30 – zumindest was die Uhr angezeigt hat.

Bei km 12 hat die Blase nochmal gedrückt, deshalb da kurz raus. Danach bis Halbmarathonmarke war alles ok, nicht mehr ganz so leicht aber machbar – unspektakulär.

Mit der Weiche ist es schlagartig ruhiger geworden, viel weniger Läufer, jetzt geht also der Marathon richtig los. Der Schnitt war bei 5:32, ich dachte, damit habe ich einen super Puffer falls ich etwas am Ende einbreche. Dass die GPS Ungenauigkeit zugeschlagen hat, hätte ich wissen müssen, aber in dem Moment nicht ganz realisiert. Aber ich habe mich in dem Moment sowieso entschieden jetzt auch mal zu schauen was noch geht. Habe mich an einen älteren LSG Läufer gehängt, der eine super Schritt hatte und der auch angefangen hat anzuziehen. Dachte, an dem bleibe ich jetzt dran. Das war in dem Moment auch super, und bis km 28/29 lief es super. Es war schon etwas anstrengend aber der Körper hat gesagt: da sind noch Reserven, alles gut. Der Schnitt auf der Uhr war dann aber nur bei 5:31h. In der Nachanalyse kann ich sehen, dass ich da, um minimal schneller zu laufen im Puls deutlich höher war, vielleicht der Grund, dass ich etwas übersäuert bin, denn ab km 32 dann die Erkenntnis: die Oberschenkel machen beide zu. Der Schmerz war aber ok, ich habe mich ansonsten weiter gut gefühlt und mental war es einfach: jetzt aufhören oder nachlassen kommt nicht in Frage, dass kann man durchstehen, vielleicht ist es ja auch mein letzter Marathon auf Zeit, d.h. das Ziel unter 4 Stunden kann ich vielleicht nur noch heute erreichen. Also weiter.

Die Pace ging ab da aber schleichend runter, teilweise 5:50 pro km im Nachhinein, was ich im Gesamtschnitt bei 5:37 auf der Uhr gesehen habe. Kurz vor dem Schloss (km 34) glaube ich, habe ich die Sub 4 Pacemaker dann hinter mir. Am Start waren die hinter mir, denke die haben also 20-30 Sekunden Abstand aufgeholt. In dem Moment habe ich gemerkt, der Puffer den ich mir noch vorgestellt habe existiert nicht mehr. Puh. Also versuche ich an den Sub4 Pacemakern dran zu bleiben, was eine ganze Zeitlang funktioniert. Das ist aber schon mit ganz schön Beißen verbunden, da meine Beine eher den 5:50/6er Trott wollen und jetzt 5:40 auf einmal eine Herausforderung ist. Aber außer die Oberschenkel, die wie Metallklötze gegen die Knochen schlagen, ist alles ok, der Wille ist auch noch da und der Körper hat Energie – tja Mann mit dem Hammer, sorry, mit mir heute nicht wie beim Debut 😉

Bei km 39 dann eine Verpflegungsstelle mit Cola, ich bleib kurz für den Schluck stehen. Die Pacer sind weiter, gefühlt 20m, das ist verdammt weit. Mist. Egal Schritt für Schritt weiter, ich rede mir ein, dass die vielleicht auch 1-2 Minuten Puffer eingebaut haben. Haha. Ich verliere sie nicht aus dem Blick, aber komme nicht wirklich dran. Ich hatte vorher gedacht, dass ich ab km 40 mental und körperlich einen Boost bekomme, wo ist der jetzt? Kommt nicht, also weiter beißen. Bei km 41 stehe ich bei 3:54:xx Gesamtzeit, also noch 6 Minuten, dass sollte doch machbar sein oder? Langsam Zentimeter um Zentimeter komme ich an die Pacer wieder ran. Zieleinlauf: ich ziehe an soweit es noch geht, schaue ca. bei noch 50m auf die Uhr, 15 Sekunden bis 4h, also los – was geht noch. Kurzer Krampf in der linken Wade, lass kurz locker es geht wieder – kein anhaltender Krampf. Ich bin 2m hinter den Pacern, und im Ziel. Ich drücke die Uhr, mein Klassiker Lap anstatt Stop. Kurz Verschnaufen, dann Stop. Die Uhr zeigt 4:00:48. Das hat scheinbar also nicht ganz geklappt.

Hab keinen Kopf, ist mir jetzt auch egal. Ich merke dass die Oberschenkel echt zu sind. Etwas trinken, etwas essen, es ist geschafft, bin froh es einfach versucht zu haben, hatte super Momente im Lauf und bin nicht völlig am Ende. Beim Setzen in einen Stuhl merke ich, dass ist dann mal ein Problem, ja und Aufstehen sogar noch schlimmer. Jetzt am Dienstag ist das noch nur leicht abgeklungen, hab immer noch Spaß mit Treppen runter laufen und dem Hin- und Aufsetzen. Irgendwann ein Blick aufs Handy: Bernd schreibt ich hätte mit 4:00:00 gefinished. Verrückt. Tut mir die eine fehlende Sekunde weh. Nein, eigentlich nicht. 4:00:00 sieht doch gar nicht so schlecht aus im Vergleich mit 3:59:59.

Auch supertoll: meine Frau Uli hat ihren ersten Halbmarathon mit 4 Wochen Vorbereitungszeit gefinished. Vorher ist sie max 6-7km gelaufen, nach Wiedereinstieg im April/Mai. Dann einfach mal angemeldet und 12, 14 und 16,6km gemacht und ohne große Wehwehchen während und nach dem Lauf alles gerockt. Großartig, und ich prophezeie ihr, wenn sie weiter Spaß dran hat, auch weitere Ziele verfolgen und erfüllen zu können. Ich bin mega stolz auf sie. 😊

Auch wenn in der Gesamtbetrachtung meine Zeit „nur“ als mittelmäßige Leistung im Vergleich mit anderen Athleten einzuordnen ist (27. AK von 59), so weiß ich doch dass das für meine Verhältnisse beim Laufen auf mich bezogen sehr ordentlich war. Bin echt schon am Überlegen ob ich meine PB im Halbmarathon angehen will (derzeit 1:41) oder es nächsten Herbst nochmal mit entsprechendem Training wage die Marathonzeit zu verbessern. Aber erstmal ist da ja noch eine Langdistanz im Weg.

Was aber echt einerseits witzig und dann auch etwas krank ist: Meine AK wird dann M50 sein. Und da wäre ich mit dieser Zeit 28. AK von 54! Und in der M55? 23. von 47. Das heißt ich wäre im Vergleich mit der Zeit aus M45 jeweils schlechter! Jungs aus den älteren Semestern was ist mit Euch los? Da wollen es ja einige wohl noch wissen, was geht 😉

Die spannende Frage für mich, kann ich mich da relativ zu meinem jetzigen ich noch verbessern? Und kann ich das mit dem notwendigen Spaß und Freude erreichen? Denn die Waage zu den Ambitionen muss auch gehalten werden. Sprich es stehen viele weitere Herausforderungen an, auf die ich mich freue, denn der Ausgang ist nicht gewiss und mit Rückschlägen muss man ggf auch umgehen. Sport ist am Ende wie das Leben oder das Leben selbst.

Hilmar beim Zieleinlauf – die 4:00:00 fest im Blick

(Anmerkung des Red: John Lennon hat mal gesagt: “Life is what happens to you while you’re busy making other plans.”)

Unsere Luisa war beim Halbmarathon am Start. Im Vergleich zum Frühjahr (siehe Bericht Luisa läuft in Freiburg) hat sie sich um satte 5 Minuten verbessert! Ihr Zeit betrug 1:46:19

Luisa auf dem Weg ins Ziel

 

Beiden wünschen wir eine gute Erholung!

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