Hier folgt nun der atemberaubende Bericht von Pascal zum legendären Langdistanz-Rennen auf Hawaii. Viel Spass beim Lesen! 🙂
Von Insel zu Insel: Teil 2
Während ich den Bericht schreibe, sitzen Antonia und ich im Flugzeug auf dem Flug zurück nach Frankfurt. In diesem Moment fühlt es sich kurz so an, als wäre eigentlich nichts passiert. Als wären die vielen vergangenen Momente lediglich geträumt.
Vor knapp drei Wochen sind wir abends in Kona gelandet. Beim Aussteigen aus dem Flugzeug wurden wir von der Hitze und von der hohen Luftfeuchtigkeit quasi erschlagen. Genau in diesem Moment war es für mich unvorstellbar, dass ich an diesem Ort meine zweite Langdistanz bestreiten werde. Jetzt ist die Zeit gekommen, in der sich die letzten Monate harte Arbeit hoffentlich bezahlt machen.
Wir sind genau eine Woche vor dem Rennen nach Hawaii angereist. Alleine an der langen Warteschlange zum Abgeben des Gepäcks hat man gesehen, wie viele andere Sportler ebenfalls nach Hawaii fliegen. Und das waren nicht wenige. Einige haben wohl extra ihren letzten Hawaii-Rucksack oder ein Finisher T-Shirt ausgepackt.
Nach gut 24h Reisezeit kamen wir am Flughafen in Kona an. Da dieser lediglich überdacht ist und quasi keine Wände besitzt, erinnerte es eher an eine Bahnhaltestelle, als an einen Flughafen. Wir warteten lange und vergeblich auf unsere Koffer. Das Rad kam zum Glück gleich und unbeschadet an, aber unser anderer Koffer kam erst zwei Tage später in Kona an. Dadurch mussten wir leider unsere Pläne etwas ändern und konnten leider weniger von Big Island sehen als wir ursprünglich wollten.
Zum Glück hatten wir unsere Laufklamotten und die Schwimmsachen ins Handgepäck gepackt, so stand einem Schwimmen am Pier am nächsten Morgen nichts mehr im Wege. In der Zeit bis zum Rennen habe ich auf Big Island nicht mehr viel trainiert.
Lediglich an zwei Tagen hatte ich eine Rad- und eine Laufeinheit, die etwas länger und intensiver war, um mich an die Hitze zu gewöhnen. Sonst hat sich die Rennwoche auf Hawaii im Bezug auf die Trainingseinheiten nicht von einer Rennwoche zu Hause unterschieden.
Es ist schon ein besonderes Gefühl wenn man über den Ali’i Drive joggt und dort die ganzen anderen Athleten trainieren sieht. Die meisten Männer sind Oberkörper frei gelaufen, die Frauen in Shorts und Sport-BH. Jeder der dort gelaufen ist sah durchtrainiert aus und alle waren braungebrannt. Ich bin mir nicht sicher, ob dies eher motivierend war oder mich an meiner Vorbereitung hat zweifeln lassen. Deshalb habe ich versucht, von dem ganzen Trubel etwas Abstand zu nehmen und mich nicht stressen zu lassen. Meine Vorbereitung lief super, ich habe so alle Trainingseinheiten so absolviert wie sie im Plan standen und hatte auch keine körperlichen Beschwerden. Sprich, ich war fit! So bin ich in den letzten acht Wochen 100km geschwommen, rund 3500km Rad gefahren und ziemlich genau 400km gelaufen.
Aber trotzdem empfand ich diese Woche als ziemlich stressig. Kona war extrem voll durch die Athleten und ihre Begleiter. Zwar war es für uns das erste Mal in Kona, somit hatten wir keinen Vergleich, aber es gab lange Warteschlangen an den Restaurants, ausverkaufte Nudeln, Wasser und Haferflocken in den Supermärkten. Zudem musste man aus verschiedenen Gründen (Schwimmen, Wettkampfbesprechung, Restaurants) immer wieder in die Stadt. All das und noch weiters haben alles ein bisschen erschwert. Zwei Tage vor dem ersten Rennen wurde es in der Stadt etwas ruhiger, beziehungsweise der Trubel veränderte sich. Es waren merklich weniger Athleten am Trainieren als an den Tagen zuvor. Zudem kam langsam Wettkampfstimmung auf, da schon die Wechselzone am Pier und auch der Zieleinlauf aufgebaut wurden. Alles wurde etwas entspannter und der Mythos Hawaii wurde spürbar.
Am Mittwoch, dem Tag des Check-Ins haben wir noch gemeinsam mit Jan Sibbersen die Vorbelastung im Schwimmen absolviert. Im Anschluss daran wollte ich locker aufs Fahrrad hüpfen, meine Vorbelastung fahren und mich anschließend am Strand auszuruhen. Aber es kommt immer anders als geplant. Plötzlich hat kein Gang mehr geschalten. Was ein Mist, Kabelbruch an der DI2. Antonia war ruhig und suchte nach Lösungen, da ich leicht in Panik war. Nach ein paar Telefonaten sind wir zum nächsten Radladen gefahren. Dort konnte das Rad innerhalb von ein paar Stunden repariert werden. Dem Check-In und meinem Rennen stand nichts mehr im Wege, nur dass die Vorbelastung ausgefallen ist.
Abends gab es erstmal ein Bier und ordentlich Pasta zum Abendessen. Kurz darauf lag ich im Bett und grübelte in der kurzen Nacht über den morgigen Tag. Zum Glück konnte ich ein paar wenige Stunden Schlaf finden.
Mitten in der Nacht gegen 3:30 sind wir dann aufgestanden. In der Dunkelheit bin ich in der Wechselzone nochmal alles durchgegangen und habe die letzten Sachen an meinem Rad angebracht. Als letzte Startgruppe des Tages durfte die AK25-29 am Donnertag um 07:40 auf die Schwimmstrecke. Die Anspannung war an der Startlinie bei den jungen Männern deutlich spürbar und die Einweiser hatten allesamt Mühe die Menge bei der geballten Menge Testosteron beisammen zuhalten.
Wie eine Erlösung kam dann der Startschuss.
Das Anschwimmen war extrem hart und glich einem 100m Sprint und ich musste ebenfalls austeilen um mich im Feld behaupten zu können. Jedoch nach nicht einmal 5min begann das Überholen und das Slalomschwimmen durch die vor uns gestarteten Damen und älteren Männern. Dadurch hatte man keine Möglichkeit mehr zu erahnen, wo man sich im Feld befindet. Ich versuchte die Zugfrequenz auf dem Rückweg nochmal deutlich zu erhöhten und kam in einen guten Rhythmus, den ich bis zum Ende der Schwimmstrecke beibehalten konnte.So stieg ich nach knapp 51min aus dem Wasser und war sogar ein bisschen irritiert, dass doch drei Athleten deutlich schneller als ich waren.
Zu Beginn fühlten sich die Beine gut an, sodass ich versuchte weiter nach vorne zu fahren und sich ggf. eine Gruppe bildet. So konnte ich mich zwischenzeitlich sogar auf Platz 2 vorarbeiten. Trotzdem wurde es ein langes, einsames Rennen. Direkt nach dem Wendepunkt (ca. Km 100) konnte ich leider der Attacke in einer Bergabpassage zweier anderer Athleten nicht folgen. Durch den Rückenwind in der Abfahrt, konnte ich nicht die erforderlichen Wattwerte drücken. Bis auf ein Überholvorgang, bei dem ich auf Platz 5 rutschte, war auch der knapp 80km lange Rückweg sehr einsam und auch sehr schwerfällig, da auch der Wind schlecht stand. Konnte ich nicht wie am Anfang das geplante Pacing fahren und bekam schon leichte Krämpfe am Oberschenkel. Ich fuhr weiterhin alleine und hinter mir war weiterhin bis Kona niemand zu sehen. Somit wusste ich dass ich noch gut im Rennen bin, da ich letztendlich auf Platz 5 aller Altersklassenathleten vom Rad stieg. Als ich das Rad in die Wechselzone schob, war ich enorm erleichtert ohne Defekt angekommen zu sein, gerade auch nach dem aufregenden Vortag.
Um knapp 13 Uhr Ortszeit, startete ich in den sehr heißen Marathon. Rein nach der Platzierung hätte das Rennen natürlich gerne nach dem Radfahren zu Ende sein können. Jedoch gerade beim abschließendem Marathon konnte ich die größten Erfahrungen aus diesem Rennen mitnehmen. Gerade das Laufen ist das, was den Ironman auf Hawaii ausmacht. Es geht hier nicht um den schnellsten Speed oder wer vorher mit der schnellsten Bestzeit angereist ist. Es geht hier wirklich um das eigene Körpergefühl und Durchhaltevermögen bis zum Schluss. Denn am „Ende kackt die Ente“. An diesem Tag waren einige besser als ich, aber ich konnte gegen Ende des Marathons zeigen, dass ich mir den Tag gut eingeteilt hab und konnte so noch Plätze gut machen. Auf dem Highway war es sehr einsam, die Sonne brannte vom Himmel und wie die meisten, habe ich mich mental von Verpflegungsstelle zu Verpflegungsstelle gekämpft. Bei Kilometer 40 hört man schon von Weitem die Hannes Party Truppe, welche ordentlich Stimmung machte. Dort stand auch Antonia. Hier wurde ich nochmal richtig angefeuert. Ab hier ging es nur noch die Palani Road runter. Viel riskieren durfte ich zum Vordermann jedoch nicht, da hinter mir ebenfalls ein anderer Athlet immer näher kam. Es war ein harter Kampf gegen mich und die Schmerzen. Es war ein sehr erleichterndes Gefühl als ich nach rechts auf den Ali’i Drive in Richtung Ziel abbiegen konnte. Beim langen Zieleinlauf war ich von allem überwältigt und freute mich riesig über meinen 11. Platz in der AK.
Im Vorfeld hatte ich einige Bedenken, ob ich es überhaupt auf einen der vorderen Plätze in der AK schaffe, da ich zum einen noch sehr früh in dieser AK bin. Zum anderen starten in dieser AK einige Athleten die auf dem Weg zum Triathlonprofi sind, aber noch in der AK starten, obwohl Sie schon von den Trainingsmöglichkeiten wie Profis leben oder ein Semester aussetzen um trainieren zu können.
Im Vorfeld wurden auch enorm viele Altersklassenathleten, welche in Deutschland schon bekannt sind, hoch gehandelt und das sind nur die die, die man bei uns kennt. In der Wechselzone sieht man ein Highendrad nach dem anderen und bei einem Großteil der Sportler stehen Sponsoren, wie bei den Profis auf den Shirts. All das hat mich zum einen beeindruckt, das ich mich mit den vermutlich Besten der Welt messen kann, da sich jeder in einem Rennen auch überhaupt qualifiziert hat. Zum Anderen hat mich das aber auch verunsichert. Denn was hab ich im Training anders gemacht, eine wirkliche Raketenwissenschaft war das nicht. Deshalb war die Erleichterung über die Platzierung so groß, da ich zeigen konnte, dass ich meine Daseinsberechtigung bei der WM zu starten allemal hatte. Für den nächsten Start weiß ich was zu verbessern gilt, sodass einem gemeinsamen Start nichts im Wege steht. Aktuell steht seit 2 Wochen Offseason auf dem Plan, die ich an einem der schönsten Orte der Welt machen durfte.
Mahalo