Mallorca und der TV Forst haben eine lange Tradition von über 30 Jahren auf der Insel. Der Autor dieser Zeilen allerdings ist erst das dritte Mal dabei und kann deshalb nicht aus erster Hand alte Geschichten erzählen, dass wäre ein eigener Artikel wert, z.B. über die Jahre zu berichten in denen noch über 1000km Rad „gebolzt“ wurde, oder die legendären Viper Stahlräder gemietet wurden.
Die Truppe bestehend aus 7 Mann setzt sich locker aus Triathleten des Vereins sowie befreundeten Radsport-Freunden zusammen. Was uns eint ist der Termin und das Hotel, jeder bucht ungezwungen die Reise selbst, alles weitere wird zusammen organisiert. Die Wahl des Zielortes nach 2 Jahren in S’Arenal/El Arenal fiel dieses Mal zur Abwechslung auf Alcudia. Die Wettervorhersage für die Tage war vielversprechend mit 18-21 Grad und keinem angekündigten Regen. Die Tage/Wochen vorher müssen allerdings aus Erzählungen anderer Reisenden und dem Wetterbericht recht ungemütlich mit viel Regen und Wind gewesen sein.
Tag 1 – Anreise – Einrollen – Petra – 67 km / 550hm
Der Abflug in Stuttgart 6h gestaltete sich etwas spannend, da wir auf 2 Flüge verteilt waren, was bestimmte Teilnehmer erst bei der Gepäckaufgabe bemerkten, ein Flug war auch 20min früher wie gedacht, so dass man mit Fug und Recht behaupten kann, dass man vorher sich doch mal die Reisebuchung genauer anschauen sollte. Aber letztlich saßen wir alle in einem Flieger und erreichten per Busshuttle das Hotel an der Playa de Muro Nahe von Alcudia mit dem anliegendem Radverleih unseres Vertrauens (Rompelberg) der letzten Jahre.
Ein mega Schock war der Verlust einer Jacke samt Geldbeutel mit Bargeld, Ausweis, Führerschein und weiteren Karten im Shuttlebus. Glück im Unglück: es waren keine Bank- oder Kreditkarten enthalten. Trotzdem hat dies einiges an Aufregung und Telefonaten auch noch Tage später nach sich gezogen. Die erste Hoffnung, dass die Sachen gefunden und den Weg zurückfinden, hat sich leider nicht erfüllt. Durch eine am Montag anreisende Delegation des TV Forsts Triathlon konnte allerdings ein alternativer Reisepass gebracht werden, der die Ausreise ermöglicht. Somit war dann zumindest diese Sorge beseitigt.
Beim Radabholen, bei denen teilweise nagelneue Bikes ausgegeben wurde, wurden individuelle Wünsche wie eigene Sättel installiert und Maße kontrolliert. Zu erwähnen ist noch, dass dies das erste Jahr war in dem alle sich Räder mit Scheibenbremsen gemietet haben. Die Zimmer waren erst spät zu beziehen, so dass die erste Fahrt recht spät gestartet werden konnte.
Die Fahrt führte bei gutem, sonnigem Wetter bei 19-20 Grad durch das wunderschöne hügelige Innenland Richtung Petra, wo taktisch klug nach 2/3 der Strecke ein Kaffee- und Kuchenstopp eingelegt wurde. Danach ging es in die erste richtige Trainingseinheit ins „Wellblech“, d.h. lange abschüssige Straßen, mit kurzen hochzudrückenden Hügeln. Der Zug hat so an Fahrt gewonnen, dass ein Teilnehmer der als Ziel hatte jeden Tag über 100km zu fahren und deshalb den Kaffeestopp ausgelassen hatte und dem Zug entgegenkam und dann wendete, keine Chance hatte aufzuschließen. Für alle anderen hieß es dranbleiben und nicht abreißen lassen. Zur Überraschung war die eintretende Bewölkung auch mit einem Regenguss gefüllt. Es sollte aber der einzige Regen der Woche bleiben.
Nach der Ankunft ging es dann zur wichtigsten Abschlusseinheit des Tages über, die aus dem Auffüllen der Energiereserven am Abendbuffet besteht. 2 bis 3 Teller mussten teilweise herhalten, um sich durch das Angebot zu manövrieren, um ja keine Leckerei zu verpassen.
Tag 2 – Orient 115 km / 1050 hm
Als nächste Etappe war der erste Kontakt mit dem Gebirge im Westen von Mallorca dem Tramuntana geplant. Dazu wird traditionell der sogenannte Orient (benannt nach dem Bergdorf) angefahren, der mit dem Col d’Honor eine moderate Höhe und Steigung bietet. Auch die schlechte Straße bei der Abfahrt gehört vielleicht einfach dazu, aber dass konnte unsere Gruppe nicht davon ablassen zusammen sehr diszipliniert die Fahrt durchzuziehen. Auch ein kleiner Koppellauf kann ins Trainingstagebuch aufgenommen werden, der allerdings recht unattraktiv an der Durchgangsstraße der Playa de Muro stattgefunden hat, und zur Recherche anregte um später auch bei folgenden Läufen etwas netter unterwegs zu sein.
Abends nach dem Essen beim Abschlussumtrunk in der Bar, stellten sich 3 Herren auf die Bühne, bei denen man vorab vom Äußeren hätte meinen können, dass es gleich gefährlich werden kann, was sich allerdings als Trugschluss herausstellte, da recht gefühlvolle Rockmusik zum Besten gegeben wurde.
Tag 3 – Sa Calobra 116 km / 2075 hm
Als nächstes Ziel wurde die legendäre Strecke auf Mallorca ausgewählt. Die Mutter der Serpentinen. Auch wenn die Begeisterung von einigen sich in Grenzen hielt, da der Aufstieg einfach Zeit in Anspruch nimmt, wurde auf die Alcudia Rookies die die Strecke vorher noch nicht gefahren waren gehört. In den vergangenen Jahren, von Arenal kommend, wurde diese nämlich immer ausgespart, da die Anfahrt bereits viele km und Zeit beansprucht hätte. Aber auch von Alcudia ist die Anfahrt nicht geschenkt, da über Caimari hoch zur Tankstelle in der Nähe des Kloster Llucs ein längerer, aber moderater Anstieg wartet. Die Tankstelle in Radfahr-Kreisen meist als Zwischenziel auch kurz mit Lluc gleichgesetzt ist ein kleines Mallorca-Rad Mekka geworden. Tankende Autos sieht man hier selten, stattdessen werden massenweise schöne Bikes und Trikots zur Schau gestellt, um Wasser und Proviant nachzuladen. In manchen Jahren je nach Strecken kommt man nicht nur einmal hier vorbei.
Um zum Col des Reis zu kommen ist noch ein welliges Stück zu meistern bis man schließlich am Aquädukt angelangt, welches dann den Aufstieg ermöglicht. Vom Gipfel geht es dann runter auf die Serpentinen, durch den Krawattenknoten, bei der man in einer 270 Grad Kurve unter der vorher befahrenen Straße hindurchfährt, Richtung Sa Calobra. Der Verkehr und die Anzahl Radfahrer hielten sich in Grenzen, so dass der Aufstieg mit anfangs moderater Steigung sich gut angehen ließ. Im letzten Drittel sollte es dann etwas steiler werden, aber die Anstrengung blieb hinter unserem Maßstab der Kaltenbronner Wand im Schwarzwald (3km mit 13%) recht weit zurück, obwohl die vorher diskutierten Steigungsprofile farblich auch für diese Strecke nicht zu verachten sind. Wahrscheinlich war Tag 3 tatsächlich eine gute Wahl, anders hätte dies vielleicht am Tag 6 oder 7 ausgesehen. Kurz vor Ende des Aufstiegs wurde der Verkehr durch einen durch Autos eingeklemmten Bus ungemütlich und nervig. Einige konnten gerade noch die Lücke durchfahren, andere mussten zusehen wie Radfahrer die Autos zwischen Felswand und Bus rangieren mussten, um den Stau aufzulösen.
Danach gab es eine der mit schönsten Abfahrten Richtung Pollenca vom Col de Femenia. Dort wurde das schon aus den Vorjahren beliebte Cafe am Fuß der Prozessionstreppe angefahren. Beim Bezahlen mit einer Rechnung wird 10% Discount gegeben, das freut den innerlichen Sparfuchs, auch wenn die Preise natürlich touristisch höher angesiedelt sind. Aber 10% sind gefühlt halt 10% Ersparnis. Auf die Frage, ob wir einen Guide oder Leader haben, konnten wir noch nichts recht anfangen und haben diese verneint. Das schöne Sitzen in der Sonne bei Kaffee, riesigen Kuchenstücken, Eis und Fruchtshakes lässt auch richtige Urlaubsstimmung aufkommen. Ein Wiederkommen ist schon fest eingeplant.
Tag 4 – Cap Formentor 72 km / 1050 hm
Die Tourfindung wird etwas schwieriger, da manche auf bergige Anstiege vom Tag vorher keine Lust mehr haben und über Alternativen oder Ruhetag nachdenken, allerdings fehlen den Alcudia Rookies noch die Kerbe für das must-have Ziel Cap Formentor. Erfreulicherweise beschließen wir gemeinsam das Cap anzufahren, auch der Hinweg bei bestem Wetter über Port de Alcudia war herrlich mit einem breiten Fahrradweg. Auch der Autoverkehr, der zu dieser Zeit noch nicht gesperrten Straße zum Cap war Grund zur Sorge. Aber auf der wirklich traumhaften kupierten Strecke zum Leuchtturm war der Verkehr noch auszuhalten. Am Leuchtturm selbst allerdings hatte sich eine große Schlange an wartenden Autos gebildet, die auf die 10 Parkplätze jeweils warten musste. Mit dem Auto zum Cap zu fahren zu einer Stoßzeit kann als keine gute Idee bezeichnet werden. Die vielen Anstiege entlang der Strecke wurden zum Teil mit ordentlich Dampf gefahren, nur Grundlage macht ja auch nicht immer Spaß. Die letzte Abfahrt mit Blick aufs Meer und Port de Alcudia ist auch einfach ein herrlicher Moment.
Auf dem Rückweg war schnell von gestern der Gedanke geboren wieder das nahegelegene Pollenca mit der schönen Tapas Bar anzufahren. Auf die Frage beim Bezahlen bzgl. Guide/Leader haben wir diesmal einfach Ja gesagt, ohne zu wissen, was dies bedeuten soll. Zur Überraschung wurden das Essen und Trinken vom Leader als Position von der Rechnung freigestellt. Der Sparfuchs konnte also hemmungslos feiern.
Ein Teilnehmer nutzte die Möglichkeit alternativ wieder die 100km vollzumachen, um sein Ziel 7 Tage jeweils über 100km zu fahren aufrechtzuerhalten.
Tag 5 – „Ruhetag“ für die einen, Alternativtraining für die anderen, bzw. Radfahrt ins Landesinnere
An diesem Tag gab es verschiedene Richtungen/Gruppen.
Für die einen war Kontrastprogramm angesagt, bestehend aus Wellness, Sauna, Shopping, Miniradtour auf die Halbinsel la Victoria, bzw. Schwimmen im Hallenbad und Laufeinheit rund um den Lago Esperanza, dessen Route sich der Inspiration mittels Komoot bediente. Die anderen nutzten den Tag für eine weitere Radfahrt ins Landesinnere, die auf Empfehlung mit schönen und wenig befahrenen Wegen gespickt war.
Tag 6 – Split in die Gruppe Höhenmeter mit Col de Femenia, Puig, Col de Soller (130 km / 2000 hm) und der Gruppe Hügelig mit Ziel Bonany (115 km / 900 hm)
Da für die eine Hälfte der Gruppe längere Anstiege spaßbefreit erschienen, wurden 2 verschiedene Touren gefahren.
Die „Gebirgsjäger“ wollten eine Königsetappe bei der der Puig Major auf Mallorca einfach dazugehören muss. Der Aufstieg wurde in diesem Fall anstatt Caimari/Lluc (an Tag 3 gefahren) über den Col de Femenia gewählt, den wir am Tag 3 hinuntergefahren sind. Nach Tankstelle Lluc die wir links ein paar Meter ausgelassen haben geht es dann zum Aquädukt und anstatt rechts Richtung Col des Reis links zu den Speicherseen und damit Puig Major. Nach dem zweiten Tunnel oben sollte dann eine in den vergangenen Jahren immer spaßige aber endlos erscheinende Abfahrt von fast 840 hm nach Soller folgen. Nur war es dieses Jahr recht enttäuschend, da wir im Pulk hinter einer Reihe Autos rumgegurkt und rumgebremst haben. Hier wäre nur unser Abfahrtsguru wahrscheinlich vorbeigekommen, aber dieser war in der anderen Gruppe unterwegs.
In Soller wartete dann als letzter größerer Anstieg der Col de Soller auf uns. Die 400hm sind im ersten Abschnitt bis zum Tunnel 100hm entlang einer vielbefahrenen Straße mit LKWs, die ansonsten auf der Insel meist zu spürende Rücksicht auf Radfahrer scheint hier aufgehoben, und so suchten wir die Flucht nach vorne um schnellstmöglich zum ungleich schöneren und schattigen Serpentinenaufstieg zu gelangen. Hier wurden einige Kalorien verbrannt, ggf. auch zu viele, da der Rückweg mit 50km noch bevor stand. Dieser hatte mit dem Schilf hinter Sa Pobla noch eine besonders windige Challenge vorgesehen, die aber mittels einer anderen Gruppe gemeistert werden konnte. Auch der heldenhafte Vorstoß einer unserer Fahrer, den Verbund beider Gruppen für 5-10min anzuführen, muss hier Erwähnung finden.
Auch die Hügelgruppe hatte keinen Klacks vor sich und mit abwechslungsreichen und schönen Strecken, sowie dem Kloster Bonany ein konkretes Routenziel vor sich.
Tag 7 – gemeinsames Ausrollen, hügelig mit Ziel Ermita Betlem 115 km / 1450 hm
Am letzten Tag war eine allgemeine Müdigkeit aus den vergangen Tagen zu spüren und der erste Teil über fantastische Abschnitte verlief im eher gemütlichen Tempo bis nach Arta. Dort war als Ziel die Ermita Betlem auserkoren worden. Kurz nach Beginn des Aufstiegs hatte sich eine Hälfte in ihrem Tempo abgesetzt, als die hinteren 3 Zeugen eines Sturzes einer Radfahrerin bei der Abfahrt wurden. Bei geringem Tempo und einem Teppich aus Schlaglöchern ist sie über den Lenker geflogen und wir waren als erste vor Ort und konnten uns um sie kümmern. Beruhigen wegen Schockzustand, mit Beine hochlagern, Unfallstelle sichern und räumen und zum Glück sogar komplette Erste Hilfe leisten, da ein Hilfe-Set die ganzen Tage mitgeführt wurde in einer Trikottasche, und nun am letzten Tag noch zum Einsatz kommen konnte. Die Prell- und Schürfwunde wurde so gut wie möglich mit Wasser ausgewaschen und mit einem großen Pflaster und Mullbinde versorgt. Der Dank der Radfahrerin und der inzwischen eingetroffenen Begleitung war uns sicher.
Danach folgte der Aufstieg mit richtig schönen Mini-Serpentinen und einer kleinen Abfahrt zur Erimeta. Danach ging es zurück nach Arta um dort einen Stopp einzulegen mit Kaffee, Kuchen und Getränken. Auf der Rückfahrt wurden dann alle noch vorhandenen Körner verschossen. Teilweise waren die Sterne zu sehen und auch der Autor war für eine Weile im Zustand „Tal des Todes“. Als dann auf der Küstenstraße (Ma-12) die Gebäude an der Playa de Muro auftauchte normalisierten sich auf den letzten km dann die Herzfrequenzen und wir konnten zum Radverleih rollen und unsere Räder abgeben.
Ein geplanter Koppellauf fiel dann mehreren Koppelbieren zum Opfer. Der Ofen war wohl schon zu sehr aus und bei gelösterer Stimmung wurde am Pool der Ausklang der Radwoche gefeiert.
Die Rückreise verlief unspektakulär, aber alle Teilnehmer waren sich einig, dass Mallorca im Frühjahr immer ein besonderes Highlight in der Trainingssaison ist, und es war klar, dass es gilt: „heute ist nicht alle Tage, wir kommen wieder keine Frage“.